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EU-Konfliktmineralienverordnung Nr. 2017 / 821
 

 
 
 
Beispiele:
 
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Gesetze
Die EU-Konfliktmineralienverordnung (VO (EU) 2017/821; kurz: KM-VO) betrifft die Mineralien Zinn, Tantal, Wolfram und deren Erze sowie das Gold. Diese Rohstoffe (teils auch 3TG-Mineralien genannt) werden zum Beispiel in den Branchen Medizintechnik und Wehrtechnik, für Industriewerkzeuge und für Schmuck verwendet. [Sinnvoll wäre es, die Rohstoffe auszuweiten auch auf andere, etwa Kupfer und Jade. Andernfalls konzentriert sich der Anwendungsbereich der EU-Konfliktmineralienverordnung rein tatsächlich auf Afrika als Ursprungsregion.]
 
 
Ziele der EU-Verordnung
Im Kern geht es um die Rohstoffsicherung und um die Hoffnung, dass sich im Laufe der Zeit, die menschenrechtlichen Arbeitsbedingungen an den Abbaustätten verbessern. Artikel 1 Absatz 1 EU-VO 2017/821 erklärt: „Mit dieser Verordnung wird ein Unionssystem für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht in der Lieferkette (im Folgenden „Unionssystem“) geschaffen mit dem Ziel, die Möglichkeiten für bewaffnete Gruppen und Sicherheitskräfte zum Handel mit Zinn, Tantal und Wolfram, deren Erzen und Gold einzuschränken. Diese Verordnung zielt darauf ab, für Transparenz und Sicherheit hinsichtlich der Lieferpraktiken von Unionseinführern sowie von Hütten und Raffinerien zu sorgen, die Rohstoffe aus Konflikt- und Hochrisikogebieten beziehen." Es geht um die Durchbrechung des Bandes zwischen dem Mineralienhandel und den deswegen stattfindenden bewaffneten Konflikten in den Staaten, in welchen die Abbaustätten liegen. Es geht also nicht um Menschenrechte und Umweltrechte (anders als im LkSG), sondern um die Rohstoffsicherung. Der illegale Mineralienabbau durch bewaffnete Dritte soll „ausgetrocknet" werden.

Im historischen Kotext geht es um die juristische Fortsetzung von insbesondere a) OECD-Leitsätze, b) US Dodd-Frank-Act (insbesondere § 1502 dieses Acts), c) Resolution 1952 (vom 29.11.2010) des UN-Sicherheitsrats, d) die ICGLR-Initiative (Internationale Konferenz der Großen Seen ICGLR). 
 
 

Wer wird verpflichtet?
Unionseinführer (Importeure) mit folgenden Eigenschaften. Artikel 1 Absatz 2 EU-VO 2017/821 nennt die Mineralien: „Mit dieser Verordnung werden die Pflichten zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten in der Lieferkette festgelegt, denen Unionseinführer der in Anhang I aufgeführten Minerale oder Metalle unterliegen, in denen Zinn, Tantal, Wolfram oder Gold enthalten sind oder die daraus bestehen."
Artikel 1 Absatz 3 Satz 1 EU-VO 2017/821 beschränkt den Kreis der Unternehmen durch Angabe von Importmengen. Wer nur Bagatellmengen importiert, wird von der EU-Verordnung verschont. „Diese Verordnung gilt nicht für Unionseinführer von Mineralen oder Metallen, wenn deren jährliche Einfuhrmengen bei den einzelnen betroffenen Mineralen oder Metallen unterhalb der in Anhang I festgelegten Mengenschwellen liegen." Anhang I bestimmt die jährlichen Mengen von Mineralen: Zinnerze und ihre Konzentrate: 5.000 kg; Wolframerze und ihre Konzentrate: 250.000 kg; Tantalerze oder Nioberze und ihre Konzentrate: EU-Kommissionserlass...; Golderze und ihre Konzentrate: EU-Kommissionserlass...; Gold, in Rohform oder als Halbzeug oder Pulver mit einer Goldkonzentration von unter 99,5 %, das die Veredelungsstufe nicht durchlaufen hat: 100 kg. Metalle : Wolframoxide und -hydroxide: 100.000 kg; Zinnoxide und -hydroxide: EU-Kommissionserlass...; Zinnchloride: 10.000 kg; Wolframate: 100.000 kg; Tantalate: EU-Kommissionserlass...; Carbide des Wolframs: 10.000 kg; Carbide des Tantals: EU-Kommissionserlass...; Gold, unbearbeitet, als Halbzeug oder in Pulverform mit einer Goldkonzentration von 99,5 % oder höher, das die Veredelungsstufe durchlaufen hat: 100 kg; Ferrowolfram und Ferrosiliciumwolfram: 25.000 kg; Zinn, in Rohform: 100.000 kg; Stangen (Stäbe), Profile und Draht, aus Zinn: 1.400 kg; Andere Waren aus Zinn: 2.100 kg; Pulver aus Wolfram: 2.500 kg; Wolfram in Rohform, einschließlich nur gesinterte Stangen (Stäbe): 500 kg; Draht aus Wolfram: 250 kg; Stangen (Stäbe), ausgenommen nur gesinterte, Profile, Bleche, Bänder und Folien sowie andere aus Wolfram: 350 kg; Tantal in Rohform, einschließlich nur gesinterte Stangen (Stäbe); Pulver: 2.500 kg; Stangen (Stäbe), ausgenommen nur gesinterte, Profile, Draht, Bleche, Bänder und Folien sowie andere aus Tantal: 150 kg.
Ausgenommen sein dürften demzufolge zahlreiche Importeure aus den Bereichen Zahnmedizin und Schmuck.
Nicht ausgenommen und somit verpflichtet sind etwa 20 Raffinerien und über 300 Mineralienhändler (zusammen wohl 320 Schmelzhütten und Raffinerien) und über 100 Manufakturen/Halbfabrikanten. Unternehmen der nachgelagerten Lieferkette gibt es angeblich über 800.000. Die über 320 (oder über 420) weltweiten Schmelzhütten und Raffinierien sind der Dreh- und Angelpunkt einer erfolgreichen Rohstoffpolitik. Deshalb kommt es sehr darauf an, ob/dass die Akteure der nachfolgenden Lieferkette sorgfältig prüfen...  Allerdings können die Unternehmen der nachfolgenden Lieferkette keinen rechtlichen Druck auf die insbesondere ca. 320 oder 420 Unternehmen der vorgelagerten Lieferkette ausüben. Ein Defizit...
Positiv ist aber jedenfalls der weltweite Ansatz. Die Auflistung/Einbeziehung der Rohstoffe sollte künftig erweitert werden.
 
 
Wer ist verpflichtet?
Unionseinführer (Importeure) von Mineralen oder Metallen sind verpflichtet; Art. 4 EU-VO 2017/821. Importeure sind Erst-in-die-Union-Lieferer mit Sitz in der Europäischen Union (s.u.). Vgl. LkSG.
Weiterhin hat der Importeur seinen eigenen Geschäftsbereich. Jede selbständige Obergesellschaft oder Tochtergesellschaft ist separat zu beurteilen, d.h. ggf. Importeur. Vgl. LkSG.
 
 
Wer gehört zur Lieferkette?
Alle Lieferanten bis hin zum Verkauf an den Verbraucher. Weil nur die Unionseinführer verpflichtet sind, ist hier nur die aus deren Sicht vorgelagerte Lieferkette von rechtlicher Bedeutung. Vgl. LkSG.
 
 

Wozu sind die Importeure verpflichtet?
Unionseinführer (Importeure) von Mineralen oder Metallen müssen nach Art. 4 EU-VO 2017/821 a) ihre Lieferkettenpolitik für die möglicherweise aus Konflikt- und Hochrisikogebieten stammenden Minerale und Metalle festlegen und aktuelle Informationen darüber in unmissverständlicher Weise ihren Lieferanten und der Öffentlichkeit mitteilen (Art. 4 Buchstabe a EU-VO 2017/821).
Dabei müssen sie in ihre Lieferkettenpolitik die für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht in der Lieferkette maßgeblichen Standards aufnehmen, die den Standards in der Musterstrategie für Lieferketten in Anhang II der OECD-Leitsätze für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht entsprechen (Art. 4 Buchstabe b EU-VO 2017/821). Die Musterstrategie für Lieferketten in Anhang II der OECD-Leitsätze steht hier auf den Seiten 21 ff.
Weiterhin müssen die Importeure...
... „ihre jeweiligen internen Managementsysteme so [strukturieren], dass die Erfüllung der Sorgfaltspflicht in der Lieferkette unterstützt wird, indem Mitglieder des gehobenen Managements, soweit es sich beim dem Unionseinführer nicht um eine natürliche Person handelt, damit betraut werden, den Prozess der Erfüllung der Sorgfaltspflicht in der Lieferkette zu überwachen und mindestens fünf Jahre lang Aufzeichnungen über diese Systeme zu führen" (Art. 4 Buchstabe c EU-VO 2017/821). Der Lieferkettensorgfaltszuständige muss also ein Arbeitnehmer des gehobenen Managements sein!
... „ihre Beziehungen zu den Lieferanten [stärken], indem sie ihre Lieferkettenpolitik im Einklang mit Anhang II der OECD-Leitsätze für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht in Verträge und Vereinbarungen mit den Lieferanten integrieren" (Art. 4 Buchstabe d EU-VO 2017/821). Die Beachtung der Inhalte der internationalen Übereinkommen soll mit den Lieferanten vertraglich abgesichert werden (Vertragsklauseln).
... „einen Beschwerdemechanismus als Frühwarnsystem zur Risikoerkennung ein[führen]...." (Art. 4 Buchstabe e EU-VO 2017/821). Also ein Beschwerdeverfahren.
... „sich auf ein System zur Rückverfolgbarkeit der Gewahrsams- oder Lieferkette in Bezug auf Minerale" stützen... (Art. 4 Buchstabe f EU-VO 2017/821).
... „sich auf ein System zur Rückverfolgbarkeit der Gewahrsams- oder Lieferkette in Bezug auf Metalle" stützen... (Art. 4 Buchstabe g EU-VO 2017/821).  
... „hinsichtlich Nebenprodukten durch Unterlagen belegte Informationen, beginnend mit dem Ursprungsort dieser Nebenprodukte, bereit[stellen], d.h. [beginnend mit] dem Ort, an dem das Nebenprodukt erstmalig von seinem Primärmineral bzw. Primärmetall, das nicht unter diese Verordnung fällt, getrennt wird (Art. 4 Buchstabe h EU-VO 2017/821). Auch die Nebenprodukte sollen in der Lieferkette möglichst rückverfolgt werden können.
... eine Risikobewertung betreffend die Minerale und die Metalle vorzunehmen (näher Art. 5 EU-VO 2017/821). Es sind Berichte hierüber zu erstellen (Art. 5 Abs. 4).
... die Erfüllung und Einhaltung sämtliche Pflichten nach dieser EU-Verordnung durch unabhängige Dritte überprüfen zu lassen (Art. 6 EU-VO 2017/821).
... mehrere Offenlegungspflichten beachten (Art. 7). Darunter: „Unionseinführer von Mineralen oder Metallen stellen den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats die Berichte über gemäß Artikel 6 durchgeführte Prüfungen durch Dritte oder den Nachweis der Konformität mit einem von der Kommission gemäß Artikel 8 anerkannten System zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht in der Lieferkette zur Verfügung." (Art. 7 Abs. 1 EU-VO 2017/821). Wenn "Metalle nur aus dem Recycling stammen oder aus Schrott gewonnen wurden", wird dies entsprechend berichtet (Art. 7 Abs. 4).
 
 
Was macht die EU-Kommission?
Die (digitalen)
Systeme zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht in der Lieferkette" werden durch Anbieter/Dritte zur Verfügung gestellt (näher Art. 8 EU-VO 2017/821). Die EU-Kommission -- unter Nutzung der von den Anbietern/Dritten zugesandten Daten -- erstellt eine „weltweite Liste der Namen und Anschriften verantwortungsvoller Hütten und Raffinerien" (Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 1 EU-VO 2017/821). Dabei bemüht sie sich „nach besten Kräften, diejenigen Hütten und Raffinerien ... zu kennzeichnen, deren Beschaffungsquellen -- zumindest zum Teil -- in Konflikt- und Hochrisikogebieten liegen (Art. 9 Abs. 2 EU-VO 2017/821).
Die Kommission arbeitet „unverbindliche Leitlinien in Form eines Handbuchs für Wirtschaftsbeteiligte aus, um diesen, und insbesondere KMU, Klarheit und Sicherheit zu verschaffen und für Kohärenz zwischen den Verfahren der Wirtschaftsbeteiligten zu sorgen, wobei sie in dem Handbuch erläutert, wie die Kriterien für die Ermittlung von Konflikt- und Hochrisikogebieten am besten angewendet werden." (Art. 14 Abs. 1 EU-VO 2017/821).
 
 
Kontrollbehörde
Kontrollbehörde in Deutschland, d.h. die „zuständige Behörde im Sinne des Artikels 10 der Verordnung (EU) 2017/821 ist die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (Bundesanstalt)" mit Sitz in Hannover; § 2 MinRohSorgG. Die Vorschriften über die Kontrolle der Pflichterfüllungen seitens der Importeure sind die Art. 11 bis 13 EU-VO 2017/821.
Die Zielerreichung durch die EU-Konfliktmineralienverordnung soll bis zu Beginn des Jahres 2023 und dann alle drei Jahre (Beginn 2026, 2029 usw.) überprüft werden. Es geht insbesondere um die Durchbrechung des Bandes zwischen dem Mineralienhandel und den deswegen stattfindenden bewaffneten Konflikten (s.o.). Der Erwägungsgrund 23 der EU-Verordnung heißt: „Die Kommission und der Hohe Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik sollten ihre Zusagen bezüglich finanzieller Unterstützung und ihr politisches Engagement in Bezug auf Konflikt- und Hochrisikogebiete, in denen Zinn, Tantal, Wolfram und Gold abgebaut werden -- insbesondere in der afrikanischen Region der Großen Seen --, regelmäßig überprüfen, um die politische Kohärenz sicherzustellen und um Anreize zu schaffen und die Grundlagen zu festigen für verantwortungsvolle Staatsführung, Rechtsstaatlichkeit und ethisch korrekten Bergbau."
 
 
Ordnungswidrigkeiten
Ordnungswidrigkeitstatbestände gibt es in Deutschland noch nicht; Art. 16 Abs. 1 EU-VO 2017/821 in Verbindung mit MinRohSorgG. Nach dem MinRohSorgG werden gegebenenfalls Zwangsgelder verhängt; § 9 MinRohSorgG. Das Ordnungswidrigkeitsrecht ist hier ein eher wirkungsloses Instrument.
 
 
Rechtmä0igkeit mit Blick auf das Völkerrecht?

Klärungsbedürftig ist die Rechtmäßigkeit der EU-Konfliktmineralienverordnung im Hinblick auf die Übereinstimmung mit den GATT (General Agreement on Tariffs and Trade). 

 
 
Zivilrechtliche Haftung
Die KM-VO begründet keine zusätzliche Haftung des Unternehmens. Es bleibt beim allgemeinen Zivilrecht, insbesondere bei der Deliktshaftung nach § 823 BGB. Allerdings ist es umstritten, ob die Vorschriften der KM-VO ein Schutzgesetz nach § 823 Abs. 2 BGB darstellen oder nicht. Das Lauterkeitsrecht nach UWG jedenfalls scheidet aus (§ 3a UWG), weil die KM-VO nicht auch die Mitbewerber schützt.
 
 
Menschenrechtsorganisationen Klagebefugnis
Nichtregierungsorganisationen dürfen im Einzelfall die Rechte Dritter vor Gericht geltend machen (sog. Prozessstandschaft)? Die KM-VO sieht dies nicht vor.
 
 
Umweltschutzvereinigungen
Umweltschutzvereinigungen und Naturschutzvereinigungen können die
Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) mit Sitz in Hannover informieren und ein behördliches Kontrollverfahren anregen.
 

 
Offenbach am Main, 07.03.2024
 
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